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Bio-Saatgut

Vielfalt am Solling-Rand

Viele Jahre träumte ich von einem eigenen Garten, bis er 1983 in meinem damaligen Wohnort Worpswede Wirklichkeit wurde. Angeregt von dem Buch ‘Saatgut und Welthunger’ von Pat Mooney, suchte ich nach traditionellen ZüchterInnen und alten Sorten. Zu dieser Zeit lösten sich gerade die letzten mittelständischen Gemüse-Saatgutbetriebe wie Hild, Hoffmann, Sperling und Wagner auf oder wurden aufgekauft. Lediglich einige anthroposo-phische ZüchterInnen wie Hugo Erbe, Martin Schmidt, Ingeborg Haensel, Ilmar Randuja und Thomas Becker hatten die Zeichen der Zeit erkannt und sich um die Weiterführung der Evolution bei Kulturpflanzen bemüht.

1986 wurde mir bei einer viertägigen Visionssuche in den Bergen von Kreta die Aufgabe bewusst, in dieser Richtung aktiv werden zu müssen, und so gründete ich mit sechs FreundInnen, die sich zur Verfügung stellten, den VEN (Verein zur Erhaltung der Nutz-pflanzenvielfalt). Es war ein schwieriger Beginn, da sich zu dieser Zeit in Deutschland noch niemand mit diesem Thema befasste. Meine Arbeit bestand damals vor allem darin, die Presse mit diesem Thema zu konfrontieren. Einige Jahre später entstand aus dieser Idee der Wunsch, KleingärtnerInnen professionell heimische, freie Sortenvielfalt gewerblich anzubieten. So traf sich 1990 in Witzenhausen eine Gruppe von Menschen, die sich dem Gemüsesamenbau verschrieb. Nicht nur alte Sorten und fast schon in Vergessenheit geratene Nutzpflanzen standen auf der Agenda, sondern ebenso war uns die Entwicklung von im ökologischen Hausgarten sinnvollen und guten Sorten ein Anliegen: Dreschflegel war geboren!

Im Jahre 1987 zog ich mit meiner Frau und meinen zwei Töchtern nach Arenborn ins Weserbergland. Dort wuchsen unsere Kinder mit viel Natur auf, und meine Pflanzen konnten sich ungebremst weiterentwickeln. Ich kümmerte mich von Anfang an um eher unbekannte Arten und Sorten, um diese vergessene Vielfalt wieder in die Gärten zu bringen. Ich baue aus diesem Grunde auf meinen ca. 3000 m² viele verschiedene Sorten und Arten in eher kleinem Umfang an.

Unter anderem haben es mir die Farben der Gemüse angetan, und so kümmere ich mich um das
vielfältige Farbspektrum z.B. bei den Tomaten oder Wurzeln.

Der fast vergessene rote Braunkohl wartet bei mir in Form einer neuen Sorte (gezüchtet aus alten Sorten) auf seine Auferstehung. Ebenfalls geht es mir um die Züchtung eines Zwei-Nutzungs-Rosenkohls mit zeitlich verzögerter Ernte, wie die GärtnerInnen der Vergangenheit ihn noch kannten. Auch die in meiner Obhut sich entwickelnde Kerbelrübe ähnelt immer stärker ihren Ahnen von vor 200 Jahren, als sie noch Teil des gärtnerischen Sortenspektrums war.

Meine demeter-Flächen werden gehackt oder aber, wo keine Schneckengefahr besteht, mit Stroh oder Grasschnitt gemulcht. Präparierter Pferdekompost kommt auf alle Flächen. Das entstehende Beikraut verbleibt, wenn möglich, auf der Fläche und wird regelmäßig einge-arbeitet. Eine tiefe Bodenbearbeitung findet nur sehr selten statt. Auf rechtzeitig frei werdenden Flächen wird Gründünger eingesät. Zwei kleine Folientunnel helfen mir bei wärmeliebenden Pflanzen wie Paprika und Melone zu einer verlässlichen Saatguternte. Die Züchtung findet jedoch im Freiland statt. Auch in meiner knappen Freizeit kümmere ich mich um seltene Kulturpflanzen, so z.B. um Elefantenknoblauch, schwarzen Wildreis und Krapp sowie um alte Obstsorten.

Doch neben diesen äußeren Aspekten meiner Arbeit mit Pflanzen beschäftigt mich auch die Beziehung, die sich in den letzten 25 Jahren aufgebaut hat. Viele Pflanzen begleiten mich nun schon sehr lange, und es entwickelten sich so in mir innere Pflanzenporträts als Mosaik emotionaler Eindrücke. Die verstandesmäßigen Überlegungen, was eine Pflanze braucht und wie sie wohl reagieren könnte, weicht einem „Mitempfinden“ der Bedürfnisse dieser Pflanzen. So gesellt sich zu den rationalen Aspekten der Biodiversität eine tief empfundene Dankbarkeit und Verantwortlichkeit.

Text von Ludwig Watschong

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