Dreschflegel Bio-Saatgut
Pflanzenportrait: Freilandtomaten 2 (Autoren: Bernd Horneburg und Quirin Wember)
Freiland-Tomaten - Anbauversuche
Die langjährigen Bemühungen des Dreschflegel e.V. um Auswahl und Neuzüchtung von robusten Tomaten-Sorten haben sich ausgezahlt. Ziel sind Sorten mit hoher Toleranz gegen die Kraut- und Braunfäule (Phytophthora infestans) bei guter Fruchtqualität.
Unsere Versuche werden aus dem Bundesprogramm Ökologischer Landbau bis Ende 2006 finanziert und wir können weiter auf hohem Niveau arbeiten. In Rhauderfehn/ Ostfriesland, Ellingerode/Nordhessen und Schönhagen/ Westthüringen werden auch in Zukunft umfangreiche Vergleiche angelegt. Wir laden Sie zu Besichtigungen ein (s. Veranstaltungen).
Seit 2003 gibt es auch den Ringversuch, in dem Kolleginnen und Kollegen zwischen Vorpommern und dem Bodensee, zwischen Husum und München die vielversprechendsten Sorten testen, um zu sicheren Empfehlungen zu gelangen. Herzlichen Dank für die schöne Zusammenarbeit!
Klima, Standort und Sorte müssen passen ...
Nach dem Jahrhundert-Tomatensommer 2003 hatten wir 2004 mit z.T. sehr widrigem Wetter umzugehen: Das Frühjahr begann kalt, teilweise gab es erhebliche Schäden durch Spätfröste, und das Wachstum stagnierte in Schönhagen und Ellingerode mehrere Wochen.
Im feucht-milden Seeklima Rhauderfehns entwickelten sich die Tomatenpflanzen besser, trotzdem war der Beginn der Ernte um 3-4 Wochen verzögert; der Befall durch Phytophthora begann schon Anfang Juli.
Cocktailtomate Cerise
In Ellingerode und Schönhagen konnten wir von den robustesten Sorten bis zum Ende der Saison Mitte Oktober ernten. Der Geschmack (fast) aller Tomaten war im Vergleich zum Vorjahr arg verwässert. Ein durchschnittliches Jahr wird sich zwischen diesen Extremen bewegen.
Uns wird immer wieder vor Augen geführt, dass es die Super-Tomate für alle Zwecke nicht gibt, wohl aber eine Vielfalt, die über die ganze Saison verschiedene Bedürfnisse abdeckt. Inzwischen können wir sagen, dass es möglich ist, auch unter ungünstigen Witterungsbedingungen Tomaten ohne Schutz anzubauen. Einige Voraussetzungen müssen stimmen:
- Die Jungpflanzen sollen möglichst kräftig sein und vor Pflanzung (erfolgt nach den letzten Frösten) abgehärtet werden. Eine optimale Pflanze ist gedrungen gewachsen und die Blüte beginnt etwas vor dem Auspflanzen.
- Tomaten wollen sonnig und gut durchlüftet stehen, z.B. locker verteilt im Garten neben niedrigen Nachbarkulturen.
- Das Wichtigste zuletzt, die Sortenwahl!
Es ist zu beachten, dass mit der Fruchtgröße auch der Anbau anspruchsvoller wird. Wildtomaten kommen mit wenig Nährstoffen und Pflege aus, während im anderen Extrem die schweren Fleischtomaten ohne Mist- oder Kompost-Düngung, genügend Platz zum Wachsen und gute Pflege kaum Ertrag bringen.
Sortenwahl
Im Rückblick auf den Vergleich von Hunderten von Sorten ist es einfacher, kleinfrüchtige robuste Sorten zu finden, als Phytophthora-tolerante Salat- und Fleischtomaten.
Die einzige bisher für den ungeschützten Anbau empfehlenswerte Fleischtomate ist die "Paprikaförmige". Ihre Früchte können über 300 g schwer werden, sind rosarot und aromatisch. Sicherer Ertrag in der ersten Hälfte der Saison, danach stark von der Witterung abhängig.
Die "Salattomate Matina" ist sehr früh - eine wichtige Eigenschaft im Freiland - und reich tragend. Das Ende der Saison wird ebenfalls vom Wetter bestimmt.
Als Kochtomate ist der "De Berao-Typ" (z.B. auch "Quadro") zu empfehlen. Die Früchte sind roh stark mehlig.
Im Bereich der Cocktail- oder Naschtomaten wird die Auswahl größer: "Cerise rot" und "Cerise gelb" tragen gleichmäßig über die ganze Saison Früchte von 20-30 g. Der Ertrag wohlschmeckender Tomaten ist für diese Fruchtgröße hoch; die Pflanzen können sehr lang werden - wir wir haben bis über drei Meter gemessen - und produzieren viele Trauben.
Wildtomate Rote Murmel
"Celsior" hat kleinere, längliche Früchte mit festem Fruchtfleisch. Celsior ist im Frühsommer unauffällig, aber dafür im Spätsommer voller Früchte, die noch lange Zeit zu ernten sind. Die Pflanzen können auch zwei- oder dreitriebig gezogen werden.
Für einen vieltriebigen Anbau, entweder frei streichend auf mehr als einem Quadratmeter oder idealerweise in einen Zaun geflochten, eignen sich die Wildtomaten. "Rote Murmel" und "Golden Currant" machen eine bunte Mischung.
Sehr interessant waren noch einige Sorten aus dem Privaten Samen-Archiv Gerhard Bohl: "Resi Gold" ist eine sehr robuste Sorte mit gutem Geschmack, aber sehr wenig Früchten.
Die Sorte mit dem wohlklingenden Namen "S 030 a" hat lange Rispen mit kleinen, doppelt perlschnurartig aufgereihten Früchten. "Lämpchen" hat große, gelbe Früchte. Diese und andere interessante Sorten, die sich weiter bewähren, werden wir in den nächsten Jahren in das Sortiment aufnehmen.
Wenn die weiteren Tests gut verlaufen, können wir ab 2006 auch die erste von uns neu gezüchtete Sorte zum Ausprobieren anbieten!
Freiland, Gewächshaus oder Balkon?
Blühende Tomate unter Folie
Freiland - Tomaten machen wenig oder keine Arbeit mit Bewässerung und Lüftung und es ist einfacher, zu verreisen. Andererseits sind die Erträge in der zweiten Hälfte der Saison unsicherer und die Sortenauswahl ist geringer. Auch in Gewächshäusern kann es sinnvoll sein, Phytophthora-tolerante Sorten anzubauen, wenn keine optimale Lüftung möglich ist.
Ist nur wenig Platz vorhanden, sind für den Anbau in Kübeln - nicht unter 5 Liter Volumen! - an der Hauswand oder auf dem Balkon eher schwachwüchsige Sorten wie Matina oder die Kleine Gelbe aus Estland zu empfehlen oder die Buschtomaten Rentita und Balkonstar.
Das Auge isst mit: Obstschalen und Tomatengerichte sehen schön aus mit einer Mischung gelber Früchte und verschiedener Rottöne. Für den geschützten Anbau haben wir inzwischen noch grüne, weiße, schwarze und gestreifte Tomaten anzubieten.
Keine Patentrezepte
Zusammenfassend möchten wir noch einmal betonen, dass es keine Patentrezepte für hundertprozentigen Erfolg gibt. Bei geschickter Sortenwahl und überlegtem Anbau lassen sich die Möglichkeiten für eine Selbstversorgung mit schönen, schmackhaften und qualitativ hochwertigen Tomaten aber erheblich verbessern. Für Fragen und Anregungen stehen wir gerne zur Verfügung.
Unterstützung
In wohl jeder Wohnung ist Platz für die Anzucht von einigen Tomatenpflanzen, aber manchmal reicht der Platz nicht aus und es stehen keine Frühbeete zur Verfügung. Deshalb suchen wir für die kommenden Jahre weitere Gärtnereien, die in Zusammenarbeit mit dem Dreschflegel e.V. Tomaten-Jungpflanzen ausgewählter Sorten anbieten wollen.
Um unsere Arbeit auf einem qualitativ hohen Niveau halten zu können, bitten wir für dieses Projekt um Spenden.
Dreschflegel e.V.
Sparkasse Werra-Meißner
IBAN: DE21 5225 0030 0000 0389 68
SWIFT-BIC: HELADEF1ESW
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